Renate Reingruber von 16.-21.01.2011 in Evian/FRA
Im Rahmen des europaweiten Projekts „Closing the Leadership Gender Gap“ der EAA fand Mitte Januar in Evian ein einwöchiges Seminar statt. Knapp 40 Frauen, aus mehr als 10 Mitgliedstaaten, folgten der Einladung nach Frankreich. Für den österreichischen Leichtathletikverband waren Eva Burtscher und Renate Reingruber vor Ort.
Der Fokus lag auf Workshops zum Thema Führungsqualitäten und zusätzlichen Aktivitäten, die die Teilnehmerinnen auf zukünftige Führungspositionen im Sport vorbereiten oder sie für höhere Positionen qualifizieren sollten.
Der einhellige Tenor lautete: Wir brauchen die Sicht der Frauen, ihre Erfahrung, ihre Arbeitsmoral und nicht zuletzt ihr Wissen.
Die nackten Zahlen sprechen derzeit eine eindeutige Sprache: Frauen stellen 48 % der Athleten, 25 % der Kampfrichter, nur 15 % der Vorstandsmitglieder und lediglich 8 % aller Verbandspräsidenten. Mit steigender Position in der Hierarchie nimmt der Frauenanteil dramatisch ab.
Zudem gibt es allerorts gerade im Jugendalter einen vermehrten Ausstieg aus der Leichtathletik von Mädchen. Die Frage ob diesem Phänomen der vermehrte Einsatz von Trainerinnen entgegenwirken könnte steht im Raum.
Die ersten Tage des Seminars standen im Zeichen erstklassiger Workshops und Vorträge zu den Themen Führungsverhalten, Führungsqualitäten, Entscheidungsfindung und Gender Bewusstsein. Hochkarätige Vortragende wie Ph.D. John Antonakis, führend auf dem Gebiet der Entwicklung und Messung von Führungsverhalten, und seine Mitarbeiter der Universität Lausanne sorgten für den theoretischen Input. Abendliche Diskussionsrunden boten Raum für interkulturellen Austausch und Entwicklung von Lösungsansätzen. Obwohl sich die finanziellen und organisatorischen Strukturen von Land zu Land oft deutlich unterscheiden, sind die Probleme doch überall annähernd die gleichen.
Seit 2007 gibt es ein 5 Punkte Programm der EAA zur Entwicklung von weiblichen Führungspersönlichkeiten. Bisher umgesetzt wurden der Leadership Award (erstmals 2009 verliehen), mindestens 1 Frau in allen Kommissionen, Forschungszuschuss der EU und ein Ausbildungsprogramm (zu dem auch dieses Seminar zählt).
Der Hauptzweck des Seminars war sicherlich das Bewusstsein für die Gender-Problematik zu schaffen, den Teilnehmerinnen zusätzliches Wissen zu vermitteln und mögliche Strategien für die Zukunft zu planen. Einige spezifische Maßnahmen wurden im Konsens der Gruppe hervorgehoben:
• Datensammlung und Analyse des Frauenanteils auf nationaler und internationaler Ebene (zB. Anzahl der Trainerinnen, …)
• Ranking-System für Mitgliedstaaten (Honorierung für die größten Fortschritte in der Frauenförderung)
• Informationsaustausch bzgl. Organisationsstrukturen
• Schaffung neuer Projekte und Strukturen und vor allem neuer Möglichkeiten für Frauen auf nationaler Ebene
• Awards für männliche und weibliche Führungskräfte
• Vermittlung von Verantwortlichkeiten und Aufgaben diverser Positionen
• Nutzung alternativer Netzwerke für Stellenangebote
• Etablierung einer Quotenregelung (beginnend auf niedrigem Niveau, zB. bis 2020 Frauenanteil auf 20 % steigern)
• Mentoring-Programm (zB. Leadership Award Gewinnerinnen verpflichten sich als Mentorinnen für Nachwuchskräfte)
Thordis Gisladottir, European Athletics Leadership Award Gewinnerin 2009, verglich in ihrer Rede die Situation der Frauen in der Leichtathletik mit der ihres Heimatlandes Island. Zuvor eher unbedeutend und unbeachtet, schaffte es der Ausbruch des Eyjafjallajökull im letzten Jahr die weltweite Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und zwang halb Europa dazu sich nach ihm zu richten. Und genauso ist es nun an der Zeit für die Frauen in der Leichtathletik auszubrechen und eine Veränderung herbei zu führen.
Die ersten Schritte in die richtige Richtung sind gesetzt, nun gilt es aber für jede Einzelne von uns den Weg konsequent weiter zu gehen.